· 

Erbrecht: Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen

 

In Deutschland werden jährlich beträchtliche Vermögen vererbt. Die Kinder der Nachkriegsgeneration werden auch gerne als die „Generation der Erben“ bezeichnet. Doch nicht immer bedenken die Nachlassgeber ihre nächsten Angehörigen. Damit diese trotz allem nicht völlig leer ausgehen, sieht das deutsche Recht Pflichtteilsansprüche vor.

 

 

Wer ist Pflichtteilsberechtigt?

Pflichtteilsberechtigt sind die nahen Angehörigen des Erblassers. Dazu zählen die Abkömmlinge, die Eltern, der Ehepartner oder Lebenspartner des Verstorbenen. Mit dem Pflichtteilsrecht will der Gesetzgeber sicherstellen, dass ihnen in jedem Fall eine Teilhabe am Nachlass ermöglicht wird. Die Pflichtteilsansprüche entstehen deshalb grundsätzlich dann, wenn die Pflichtteilsberechtigten durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen, also vom Erblasser enterbt werden. Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann ein gesetzlicher Erbe auch nach einer Erbausschlagung das Pflichtteilsrecht geltend machen.

 

 

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteilsanspruch besteht im Wert der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Dieser kann je nach Vorhandensein verschiedener Angehöriger unterschiedlich hoch ausfallen. Wer nach der gesetzlichen Erbfolge beispielsweise zu 1/2 am Erbe beteiligt würde, kann im Falle seiner Enterbung Ansprüche in Höhe von 1/4 des Nachlasses beanspruchen. Dieser Pflichtteilsanspruch ist gegen die Erben und auf Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages gerichtet. Die Erben können diesen Anspruch weder mit Sachwerten aus dem Nachlass erfüllen, noch kann der Pflichtteilsberechtigte die Herausgabe oder Übereignung von Sachen aus der Erbschaft verlangen.

 

 

Wie erfahre ich, was zum Nachlass gehört?

Der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs wird der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes zu Grunde gelegt. Der oder die Erben haben dem Pflichtteilsberechtigten dazu auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses (einschließlich Verbindlichkeiten und Schenkungen) Auskunft zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines geordneten und übersichtlichen Nachlassverzeichnisses. Der Pflichtteilsberechtigte kann auch verlangen, dass dieses Verzeichnis durch einen Notar errichtet wird, der den Nachlassbestand dann selbst zu ermitteln hat. Der Pflichtteilsberechtigte ist auf sein Verlangen hin zur Verzeichniserstellung zuzuziehen.

 

Weiter hat der Pflichtteilsberechtigte auch Anspruch auf Wertermittlung des Nachlasses, also etwa auf Einholung eines Gutachtens zum Wert eines Grundstücks oder Unternehmens. Die Kosten trägt der Erbe, sie schmälern aber den Wert des Nachlasses und damit mittelbar auch anteilig den Pflichtteil.

 

 

Wie wird der Pflichtteilsanspruch durchgesetzt?

Der Pflichtteil ist ein schuldrechtlicher Zahlungsanspruch, den der Pflichtteilsberechtigte selbst beim Erben einfordern und notfalls gerichtlich durchsetzen muss. Veranlasst der Pflichtteilsberechtigte nichts oder zu spät, kann der Pflichtteilsanspruch verjähren und der Berechtigte leer ausgehen.

 

Gelingt eine außergerichtliche Klärung nicht und zahlen die Erben dem Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil nicht aus, bedarf es der Zuhilfenahme der Gerichte. Es bietet sich hier in besonderem Maße an, eine sogenannte Stufenklage zu erheben. Au der ersten Stufe wird gegen die Erben auf Auskunft durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses geklagt. Verurteilt das Gericht zu dieser Auskunft und wird diese sodann erteilt, kann auf der zweiten Stufe für den Fall der unsorgfältigen Auskunftserteilung auf Versicherung an Eides Statt geklagt werden. Schließlich wird auf der dritten Stufe auf Zahlung geklagt, wobei der Betrag erst nach Auskunft beziffert werden muss.

 

Die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen kann sich also durchaus als komplex erweisen. Wenn Sie Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.