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Haftung für ärztliche Aufklärungsfehler

 

Zu einer ordnungsgemäßen ärztlichen Behandlung des Patienten ist es zwingend geboten, dass dieser ordnungsgemäß über den beabsichtigten Eingriff aufgeklärt worden ist. Verstöße hiergegen führen unter Umständen zur Haftung des Arztes.

 

 

Einwilligung des Patienten als Behandlungsvoraussetzung

 

Vor jeder medizinischen Behandlung muss der Arzt die Einwilligung des Patienten einholen. Fehlt es an der wirksamen Einwilligung des Patienten, ist ein Eingriff bereits deshalb rechtswidrig und verwirklicht den Tatbestand einer Körperverletzung. Damit wirksam in die Behandlung eingewilligt werden kann, muss der Patient zuvor über den möglichen Verlauf der Behandlung, die bestehenden Risiken und Behandlungsalternativen informiert werden. Nur wenn der Patient in diesem Sinne informiert ist, kann er in die Behandlung wirksam einwilligen.

 

§ 630c BGB verpflichtet den Arzt, den Patienten oder seinen gesetzlichen Vertreter zu Beginn der Behandlung und, soweit erforderlich, im weiteren Verlauf über alle für die Behandlung wesentlichen Umstände aufzuklären, insbesondere über

 

  • die Diagnose,
  • die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung,
  • die Therapie,
  • die während und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.

 

Der Patient muss diese Informationen verstehen, denn nur dann kann er sich für oder gegen die Behandlung entscheiden.

 

 

Selbstbestimmungs- und Sicherungsaufklärung

 

Von der der Einwilligung des Patienten vorausgehenden sogenannten Selbstbestimmungsaufklärung ist die Sicherungsaufklärung zu unterscheiden. Die Selbstbestimmungsaufklärung soll den Patienten ermöglichen, selbstbestimmt zu entscheiden, ob er sich einer bestimmten Behandlung unterziehen möchte oder nicht. Aufgabe des Arztes ist es dabei, den Patienten in die Lage zu versetzen, die Diagnose, den Umfang und den Ablauf sowie die Tragweite der ärztlichen Behandlungsmaßnahmen zu verstehen, damit er sich für oder gegen die Behandlung entscheiden kann.

 

Die Sicherungsaufklärung folgt hingegen regelmäßig dem medizinischen Eingriff oder einer Behandlungsmaßnahme nach. Der Zweck der Sicherungsaufklärung ist die Sicherung des Heilungserfolges. Sie bezieht sich auf alle ärztlichen Anweisungen, Empfehlungen und Hinweise an den Patienten im Hinblick auf seine für den Heilungserfolg erforderliche Mitwirkung. Vernachlässigt der Behandler seine Pflichten zur Sicherungsaufklärung, liegt nur dem Wortlaut nach ein Aufklärungsfehler vor. Tatsächlich geht es um die Sicherung der weiteren Behandlung. Juristisch wird sie daher als Behandlungsfehler eingestuft.

 

 

Aufklärungsfehler bei der Selbstbestimmungsaufklärung

 

Ein Aufklärungsfehler liegt vor, wenn der Arzt den Patienten über bestimmte Risiken und Behandlungsmaßnahmen nicht (ausreichend) oder falsch aufgeklärt hat. Natürlich ist es hierbei nicht der Maßstab, dass der Patient über alle denkbaren medizinischen Risiken in allen denkbaren Einzelheiten aufgeklärt werden müsste. Vielmehr muss er nach der geltenden Rechtslage „im Großen und Ganzen“ aufgeklärt werden, d.h. ihm muss ein allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den Risiken in seinem konkreten Fall vermittelt werden. Voraussetzung einer wirksamen Aufklärung ist es zudem, dass der Arzt auch über die echten Behandlungsalternativen aufklärt, um dem Patienten die Entscheidung zu überlassen, welche Therapiemethode er wählt. Das gilt besonders dann, wenn mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die jeweils unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufweisen oder unterschiedliche Belastungen für den Patienten mit sich bringen.

 

Auch der Zeitpunkt der Aufklärung kann relevant sein. Eine zu spät vorgenommene Aufklärung des Patienten kann unwirksam sein. Grundsätzlich gilt, dass der Patient vor einem Eingriff so früh wie möglich aufgeklärt werden soll. Je schwieriger und risikoreicher der Eingriff ist, desto früher muss die Aufklärung erfolgen und desto ausführlicher und umfassender muss sie sein. Diese Regel gilt jedoch nicht ausnahmslos; bei Eingriffen, die dringend kurzfristig durchgeführt werden müssen, kann die Aufklärungsfrist verkürzt werden oder Entfallen. Unter Umständen entfällt die Aufklärungspflicht bei Notfällen vollständig. Es kommt auf den Einzelfall an.

 

 

Beweislastverteilung

 

Der Nachweis eines ordnungsgemäßen Aufklärungsgesprächs obliegt dem Arzt. Dabei reicht es nicht aus, den vom Patienten unterschriebenen Aufklärungsbogen vorzulegen. Die Unterschrift des Patienten gilt nur ein Indiz dafür, dass überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat. Die Unterschrift beweist weder, dass der Patient den Aufklärungsbogen auch gelesen und verstanden hat, noch, dass der Inhalt mit ihm besprochen wurde.

 

Fehlt es an einer (ordnungsgemäßen) Aufklärung des Patienten, ist die Einwilligung in die Behandlung unwirksam. Ärztliche Eingriffe sind dann rechtswidrig und verpflichten zu Schadensersatz. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Eingriff für sich genommen lege artis ausgeführt worden ist.