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Zu den Grundlagen des Vertragsarztrechts - Der Grundsatz der persönlichen Mitwirkung am Bereitschaftsdienst

 

Gemäß § 75 Abs. 1, Abs. 1b SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag). Dazu zählt auch die vertragsärztliche Versorgung in der sprechstundenfreien Zeit, der sog. Notdienst bzw. Bereitschaftsdienst. Die konkrete Ausgestaltung der Verpflichtung zum Bereitschaftsdienst regeln die Bereitschaftsdienstordnungen der jeweiligen Länder.

 

§ 1 Abs. 2 der Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (Bereitschaftsdienstordnung Nds.) sieht hierzu vor, dass grundsätzlich jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und jedes an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende medizinische Versorgungszentrum (MVZ) auch außerhalb der Sprechstunden die medizinische Versorgung der Patienten sicherzustellen hat, sog. Präsenzpflicht. Davon sind Vertragsarzt und MVZ befreit, sofern die Versorgung durch einen organisierten Bereitschaftsdienst sichergestellt ist. Um einen solchen organisierten Bereitschaftsdienst bereitzustellen, unterteilen die Kassenärztlichen Vereinigungen ihren räumlichen Zuständigkeitsbereich in Bereitschaftsdienstbereiche und verpflichtet alle zugelassenen Vertragsärzte und MVZ zur Teilnahme, § 5 Abs. 2 Bereitschaftsdienstordnung Nds. Diese haben mehrfach im Quartal Bereitschaftsdienst zu leisten.

 

Eine Befreiung von der Verpflichtung zum Bereitschaftsdienst sieht die Bereitschaftsdienstordnung Nds. nur in eng gefassten Ausnahmefällen vor. Sie ist nur aus schwerwiegenden Gründen zulässig. Anerkannte Gründe sind nachgewiesene Krankheiten oder Behinderungen, wenn sich diese zugleich negativ auf den Praxisumfang auswirken. Auch besondere familiäre oder andere Verpflichtungen können eine Befreiung rechtfertigen. Gleiches gilt für eine Schwangerschaft der Ärztin oder – unter bestimmten Voraussetzungen – die Betreuung eines Kindes. Zusätzlich ist es erforderlich, dass es der Ärztin oder dem Arzt aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlicher Tätigkeit nicht zugemutet werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen.

 

Befreiungen kommen insbesondere nicht deshalb in Betracht, weil der Vertragsarzt als spezialisierter Facharzt tätig ist. Die Verpflichtung zum Bereitschaftsdienst gilt deshalb beispielhaft auch für ärztlicher Psychotherapeuten oder Pathologen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Befreiungsmöglichkeiten sind hier höchstrichterlich abgelehnt worden, sollten sie nicht in der jeweiligen Bereitschaftsdienstordnung selbst vorgesehen sein. Sofern die für den Bereitschaftsdienst notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten nach langjähriger ausschließlich fachärztlicher Tätigkeit nicht mehr im ausreichenden Maß vorhanden sind, sind diese Ärzte darauf verwiesen, sie durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen wiederzuerlangen. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts sind deshalb alle Vertragsärzte als grundsätzlich für den Bereitschaftsdienst geeignet anzusehen.